Für Medizin ins Ausland
findest du im ZEIT Studienführer.
Gero Federkeil
ist Sozialwissenschaftler und leitet den Bereich internationale Projekte am CHE – Centrum für Hochschulentwicklung.
Herr Federkeil, welche Möglichkeiten gibt es für Deutsche, im Ausland Medizin zu studieren?
Man kann zwei Varianten unterscheiden. Entweder schreibt man sich in einem regulären ausländischen Medizinstudiengang ein und studiert dann gemeinsam mit den Einheimischen. Dafür muss man die nationalen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen und außerdem die Landessprache sprechen. Das beliebteste Land bei deutschen Medizinstudierenden in dieser Variante ist Österreich, nicht zuletzt, weil es keine sprachlichen Hürden zu überwinden gilt.
Und die andere Variante?
Man geht nach Ost- oder Südosteuropa. Dort gibt es spezielle Studiengänge für internationale Studierende. Sie sind auf Englisch, in einigen Fällen sogar auf Deutsch, zum Beispiel an der Semmelweis-Universität in Budapest.
Und dann muss man die Landessprache nicht beherrschen?
Spätestens wenn man regelmäßig Patientenkontakt hat, geht es nicht ohne die Sprache. Typischerweise lernt man sie parallel zum Studium, damit man so weit ist, wenn es mit der Praxis losgeht. Es gibt auch Studienprogramme, bei denen man den ersten Teil im Ausland absolviert und dann in den höheren Semestern zurück nach Deutschland kommt.
Wie teuer ist ein Medizinstudium im Ausland?
Das kommt drauf an. An den staatlichen österreichischen Unis zum Beispiel gibt es keine Studiengebühren. Die Nachfrage nach Plätzen für EU-Bürger übersteigt das Angebot aber bei Weitem. Deshalb muss man beim landesweiten Aufnahmetest gut abschneiden, wenn man angenommen werden will.
Und was kostet ein Medizinstudium in Ost- oder Südosteuropa?
Häufig werden Studiengebühren zwischen 7500 und etwa 16.000 Euro pro Jahr verlangt. Aber es gibt auch günstigere Angebote – und teurere. So liegen die Gebühren an der University of East Sarajevo in Bosnien-Herzegowina bei 3000 Euro pro Jahr, an der Karls-Universität in Prag sind es dagegen 21.000 Euro.
Also ist dieser Weg nur etwas für Leute aus zahlungskräftigen Familien.
Im Prinzip schon. Allerdings gibt es manchmal Stipendien. Zum Beispiel übernehmen die Bezirkskliniken Mittelfranken für ihre Stipendiaten die Gebühren für ein Medizinstudium im bulgarischen Varna. Die Stipendiaten verpflichten sich im Gegenzug, nach ihrem Abschluss fünf Jahre bei den Bezirkskliniken im Fachbereich Psychiatrie zu arbeiten, sie müssen sich also in diese Richtung spezialisieren.
Wenn man bereit ist, die Gebühren zu zahlen, wird man dann auch genommen?
Nicht automatisch. Verbreitet sind zum Beispiel Aufnahmetests mit Fragen aus den Naturwissenschaften. Zum Einsatz kommen auch Auswahlgespräche und Motivationsschreiben.
Sind Noten egal?
Manche Anbieter berücksichtigen Noten durchaus, vor allem die aus den Naturwissenschaften. Aber auch wenn sie mit herangezogen werden, spielen sie meist keine dominante Rolle.
Was taugt ein Medizinstudium in Ost- oder Südosteuropa?
Dass die Qualität des Studiums dort generell schlechter sei als in Deutschland, wie man manchmal hört, halte ich für ein Vorurteil. In den Programmen für die internationalen Studierenden sind die Gruppen sogar oft kleiner als hierzulande, und viele Anbieter setzen auf innovative Lehr- und Lernformen. Aber natürlich muss man im Einzelnen genau hinschauen.
Welchen Tipp haben Sie für diejenigen, die erwägen, über die Grenze zu gehen?
Sie sollten sich ehrlich fragen: Bin ich neugierig auf das Zielland und bereit, mich ernsthaft auf es einzulassen? Denn falls es klappt, werden sie dort die nächsten fünf, sechs Jahre leben.
Der Check „Medizinstudium in Europa“
Einen Überblick über 22 Medizinstudiengänge an Unis in Österreich, der Schweiz und den Niederlanden sowie an 44 Hochschulen in Ost- und Südosteuropa bietet das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE).
Hier findest du Infos zu den Kosten, zur Unterrichtssprache, zu den Zulassungsverfahren, zur Dauer und zur Studierendenzahl, ergänzt um Bewertungen aus dem internationalen Hochschulranking U-Multirank.