Wie KI dein Studium verändert


findest du im ZEIT StudienfĂĽhrer.
Studierende sollten den Nutzen und die Risiken von KI kennen
Trotz aller Euphorie über die neuen Möglichkeiten gibt es viele offene Fragen. „Studierende sollten nichts nutzen, von dem sie keine Ahnung haben“, sagt Andreas Breiter. Breiter ist Informatik-Professor, Chief Digital Officer an der Uni Bremen und Co-Autor einer Studie des Centrums für Hochschulentwicklung zur KI-Nutzung an Hochschulen. Er sagt, viele Studierende verwendeten ChatGPT und Co. im Studium, ohne zu verstehen, wie die Systeme wirklich funktionieren.
Die CHE-Untersuchung zeigt: Studierende der Informatik nutzen KI deutlich öfter als Studierende anderer Fächer. Dessen ungeachtet sollten alle die Risiken, aber auch den Mehrwert von KI kennen, findet Breiter. „Alle Mitglieder einer Hochschule, die Lehrenden genauso wie die Lernenden, müssen dringend qualifiziert werden.“ An den Unis werde zurzeit darüber gestritten, wie intensiv die Einführung in den Umgang mit künstlicher Intelligenz sein müsse.
Der KI-Campus, ein Pilotprojekt, ist der Versuch, eine übergreifende Lernplattform für künstliche Intelligenz zu schaffen. Dort gibt es kostenfreie Onlinekurse zu Themen wie „AI Literacy“ und „Was ist generative KI?“. Denn wer Vorwissen hat, kann die KI für sich besonders gewinnbringend nutzen. „Zum Beispiel ist aktives Lernen das bessere Lernen“, sagt Breiter. „Und künstliche Intelligenz fördert diesen Prozess zuweilen mehr als eine Vorlesung.“
Der KI kannst du zum Beispiel schamlos Fragen stellen, ohne Angst haben zu müssen, dich im Hörsaal zu blamieren. Mit ihrer Hilfe kannst du deinen Lernplan strukturieren und Karteikarten generieren. Zeitraubende Tätigkeiten wie das Abtippen von Interviews kannst du an sie delegieren.
Sei dir aber immer bewusst, dass KI halluzinieren kann, also Dinge frei erfindet. Das umfasst zum Beispiel Fake News, aber auch erfundene Quellen. Das Denken darfst du ihr nie überlassen. Schließlich ist eigenständiges Denken eine zentrale Kompetenz, die an den Hochschulen vermittelt werden soll.
Wo aber unterstützt die KI das und wo nicht? An dieser Frage arbeitet man sich an den Unis und HAWs landauf, landab gerade ab. Besonders scharf stellt sie sich, wenn es um Prüfungen geht.
Vieles geht mit KI leichter, deswegen werden sich die Anforderungen an Hausarbeiten und Referate ändern
Prinzipiell gibt es an der Universität zwei Arten, Wissen abzufragen. Innerhalb des Semesters gibt es unbenotete Essays, Vorträge oder Gruppenarbeiten. Diese sogenannten formativen Prüfungen musst du nur bestehen, sie sind dafür gedacht, den Lernprozess zu fördern. Summative Prüfungen sind dagegen benotete Klausuren oder Hausarbeiten.
Viele Expertinnen und Experten sind sich einig, dass künstliche Intelligenz den Trend hin zu formativen Prüfungen und freiwilligem Selbstlernen verstärkt. So plädiert auch Tobias Schmohl, Professor für Hochschuldidaktik an der TH Ostwestfalen-Lippe, dafür, den Schwerpunkt auf den Kompetenzerwerb statt auf das Endergebnis zu legen. „Durch KI kann man das Produkt, das am Ende abgegeben wird, zum Beispiel eine Hausarbeit, nicht mehr so gut unabhängig bewerten“, sagt er. Es brauche eine neue Feedback-Kultur. Lehrende müssten Zwischenstände häufiger mit den Studierenden besprechen. So merkten sie, wer selbst denkt. „Auch die Abschlussarbeit sollte weniger wie ein Meisterstück bei der Prüfung eines Tischlers gewertet werden, sondern als Puzzleteil im Lernerfolg“, so Tobias Schmohl.
Schmohl prognostiziert, dass sich die Erwartungen an schriftliche Abgaben ändern werden, weil vieles nun leichter geht. Das Überarbeiten mit der KI geschieht mit wenigen Klicks, Rechtschreibfehler und Schachtelsätze können locker ausgebessert werden. Dank KI-gestützter Suche haben Studierende auch sehr schnell viel mehr Literatur zur Verfügung als früher.
Der Experte prognostiziert ein Revival der mündlichen Prüfungen
Vor allem aber: Sie können ganze Texte autonom generieren lassen. Das stellt die geforderte Eigenleistung infrage. Laut einer – nicht repräsentativen – Umfrage der App UniNow unter rund 6.000 Studierenden im Jahr 2025 ließ jeder Zehnte die komplette Abschlussarbeit von der KI schreiben. Rund ein Drittel gab an, die KI für einen Teil der Arbeit genutzt zu haben.
An der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe begegnet man dem Phänomen so: Studierende müssen in Microsoft Word den Versionsverlauf aktivieren. So können die Betreuenden sehen, wann wie viel Text entstanden ist. Das soll dazu motivieren, nicht einige Tage vor der Abgabe alles per KI generieren zu lassen, sondern unperfekte Zwischenstände mit den Lehrenden zu besprechen. Schmohl sieht zudem ein Revival der mündlichen Prüfungen voraus. „Außerdem werden Aufgaben künftig explorativer. Das heißt: weniger Definitionen auswendig lernen und mehr begründen“, sagt er.
Aber was ist nun erlaubt und was nicht? „Viele Hochschulen übertragen die Verantwortung an die Studierenden, statt KI grundsätzlich zu verbieten“, beobachtet der Informatikprofessor Breiter von der Uni Bremen. Häufig stehe zwar in der Prüfungsordnung, dass man die KI-Nutzung kennzeichnen muss, etwa im Quellenverzeichnis. Aber solche Regeln seien kaum praktikabel: Jede Google-Suche sei mittlerweile KI-gestützt. „Studierende fragen mich zu Recht: Muss ich jetzt kennzeichnen, wenn ich etwas für meine Hausarbeit google?“ Viele Regularien hinken der rasanten Entwicklung der Technologie hinterher.
Was ist erlaubt?
An den Unis sucht man derzeit nach dem richtigen Umgang mit KI. Denn die kann das Lernen bereichern, aber auch behindern. Vieles ist im Graubereich. Oft legen einzelne Lehrende fest, was für ihren Kurs gelten soll – von striktem Verbot bis zu maximaler Offenheit ist alles dabei.
Da hilft nur: nachfragen!
Erlaubt oder nicht? Vieles liegt im Graubereich
Rechtlich betrachtet gilt der Output von KI nicht als Plagiat, weil die Maschine kein Urheberrecht beanspruchen kann. Verboten sein kann ihr Einsatz trotzdem, und zwar als unzulässiges Hilfsmittel – so wie der verbotene Taschenrechner in einer Klausur. Der Nachweis ist allerdings schwieriger, als den Rechner unterm Tisch zu erspähen. „KI-Check-Software ist unzuverlässig“, so Breiter. Dennoch haben KI-generierte Texte Merkmale, die mit etwas Übung als tendenziell nicht von Menschen geschrieben erkannt werden. Und die Prüftechnik entwickelt sich weiter.
Viele Wege der KI-Nutzung bleiben zu Beginn des Jahres 2025 im Graubereich. Oft legen die Profs fest, was für ihren Kurs gilt. „Da finden wir momentan alles, von striktem Verbot bis zu völliger Offenheit“, so Breiter. Frag daher zu Beginn eines Seminars unbedingt, welche Spielregeln gelten, um dich abzusichern.
Die vielen oft kleinteiligen Facetten von KI prägen den Diskurs an Hunderten von Hochschulen in Deutschland. Am Ende steht ein Aushandlungsprozess, der auch die ganz großen Fragen berührt: Was macht eine Uni aus? Was sind die Kernkompetenzen in den einzelnen Fächern? Wie viel Vertrauen, wie viel Kontrolle braucht es an der Uni? Und: Wie wollen wir eigentlich lernen?
In solchen Zeiten ins Studium zu starten, kann anstrengend sein, aber es bietet dir auch Chancen: Du kannst den Umbruch mitgestalten. Und du läufst dich schon mal für die Zukunft warm: Denn später, in deinem Berufsleben, wird es darauf ankommen, KI mit Verstand einzusetzen. Solange kannst du beim Experimentieren mit KI auch eine Menge Spaß haben: Spontan eine Grafik aus deinen Notizen erstellen? Mal schnell eine Website programmieren? Ein lustiges Foto deiner Uni-Clique KI-generieren? Probier es aus! Fast jeden Tag gibt es ein neues Tool zu entdecken.