Geschichte studieren
Ein Text von Gabriele Meister – ZEIT Studienführer 2023/24
Darum geht es
Antike, Mittelalter, frühe Neuzeit, neuere und neueste Geschichte: Diese großen Epochen sind Gegenstand der Geschichtswissenschaft. Historikerinnen und Historiker schauen chronologisch auf die Zeit, sie befassen sich aber auch mit den übergreifenden Zusammenhängen der Weltgeschichte, bestimmten Regionen oder gesellschaftlichen Phänomenen wie der Rolle der Frau im Lauf der Zeit. Wenn du Geschichte studierst, untersuchst du historische Entwicklungen. Du lernst, wie Kulturräume entstanden sind, und analysierst Zusammenhänge, etwa zwischen der Dekolonialisierung und dem Kalten Krieg.
„Man befasst sich mit den Verhaltensweisen der Menschen in der Vergangenheit, ihren Beweggründen und den Umständen, die sie beeinflusst haben. Das regt auch dazu an, sich selbst und die Gegenwart zu hinterfragen“, sagt Lutz Raphael, Vorsitzender des Verbands der Historiker und Historikerinnen Deutschlands.
Eine Grundfertigkeit ist der kritische Umgang mit Quellen. Das können antike Inschriften sein oder mittelalterliche Reiseberichte, Ministerialakten, Interviews und Tweets, Bauwerke und Bilder. Du lernst immer wieder zu hinterfragen, ob sich bestimmte Annahmen über die Vergangenheit anhand von Quellenbelegen lassen und ob das Bild, das man sich von einer bestimmten Zeit macht, überhaupt korrekt ist. Ein Beispiel: „Studierende sind oft überrascht, wenn sie lernen, dass Frauen in der frühen Neuzeit Konfliktemit ihren Ehemännern auch handgreiflich austrugen“, sagt Raphael, „erst in jüngerer Zeit wurde von Frauen erwartet, Gewalt still zu erdulden.“
Typische Fragestellungen im Geschichte-Studium
- Wie kam es zum Niedergang und Wiederaufstieg Chinas?
- Wie hat sich der gesellschaftliche Umgang mit Epidemien verändert?
- Welchen Einfluss hat das Klima auf historische Entwicklungen?
- Was hat zur Industrialisierung geführt?
- Worüber stritten Nachbarn im Mittelalter?
- Was sagen uns Siedlungs- und Grabfunde über das Gesellschaftssystem im antiken Griechenland?
- Was sind Ursachen für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine?
So läuft das Studium ab
Studierende erhalten einen Einblick in alle Epochen. „Typischerweise belegt man eine Übersichtsvorlesung zu einer Epoche und wählt dazu passende Seminare und Übungen“, sagt Raphael. Themen wie die Antike sind Pflicht, aber ob man sich zum Beispiel stärker mit Kleopatra oder mit Sparta beschäftigt, entscheidet man meist selbst.
Neben der Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema lernst du in den Kursen das historische Handwerkszeug kennen. Du erfährst zum Beispiel, wie du online und in der Bibliothek die richtigen Bücher findest, welche Quellen vertrauenswürdig sind, wie du alte Handschriften entzifferst und mit welchen Methoden du historische Phänomene erforschen kannst. Außerdem bieten die Unis Veranstaltungen an zur regionalen Geschichte des jeweiligen Standorts. Auch Exkursionen, etwa zu antiken Stätten wie der Akropolis in Athen, sind oft Teil des Studiums.
Wichtig: Für viele klassische Arbeitsbereiche wie Museen oder Archive braucht man nicht nur einen Master, sondern auch eine Promotion.