Pflegewissenschaft studieren
Ein Text von Florian Schumann. Mitarbeit: Christian Heinrich – ZEIT Studienführer 2022/23
Darum geht es
Die Pflegewissenschaft beschäftigt sich nicht nur damit, wie Pflegebedürftige bestmöglich versorgt werden. Ihr Fokus ist breiter: So geht es unter anderem um die optimale Organisation von Pflege, um Konzepte, wie Kinder mit Behinderung gut betreut werden können, oder darum, wie sich die Gesundheit der gesamten Bevölkerung fördern lässt. Dabei werden nicht nur gesundheitliche Fragen erforscht, sondern auch ethische, rechtliche, technische und wirtschaftliche. Pflegefachkräfte handeln nicht nur im Auftrag von Ärzten, sondern oft auch eigenständig.
Während sich eine Pflegeausbildung auf die Praxis konzentriert, legen die Studiengänge den Schwerpunkt auf wissenschaftliche Hintergründe und Methoden. »Chronische Krankheiten nehmen zu, die Lebenserwartung steigt, und gesundheitsbezogenes Wissen entwickelt sich rasant. Deshalb brauchen wir Menschen, die neue Studien interpretieren und das Wissen in die Pflege einbringen können«, sagt Julia Ruth Lademann, Professorin für Pflege und Gesundheitswissenschaften an der Frankfurt University of Applied Sciences und Vorständin der Bundesdekankonferenz Pflegewissenschaft.
Nicht nur in der Gesellschaft, auch im Studium wird das Thema Prävention immer wichtiger. Du lernst deshalb, Menschen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu beraten, dass sie selbst etwas für ihre Gesundheit tun können.
Typische Fragestellungen im Pflegewissenschaft-Studium
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Wie lässt sich der Pflegebedarf eines Menschen messen?
Wie legt man einen Blasenkatheter?
Wie können Menschen mit einer lebensbedrohlichen Viruserkrankung optimal pflegerisch versorgt werden?
Wie baut man Vertrauen zu Pflegebedürftigen auf, um beispielsweise intime Körperzonen zu waschen?
Warum sollte sich die Pflege von Demenzkranken an deren Biografie orientieren?
Wie setzt man Roboter in der Pflege ein?
So läuft das Studium ab
Manche Studiengänge legen den Schwerpunkt auf die Pflegepraxis, andere eher auf Management oder Pädagogik. Für die meisten muss man zuvor eine pflegerische Ausbildung abgeschlossen haben. »Hat man das nicht, ist ein grundständiger Pflegestudiengang empfehlenswert«, sagt Lademann. »Er beinhaltet eine Berufsausbildung.«
Wie Pflege konkret aussieht, wird in allen Studiengängen thematisiert. Die Regelstudienzeit variiert, oft liegt sie zwischen sechs und acht Semestern. Rund 2300 Stunden Praxis musst du absolvieren: Je nach Hochschule arbeitest du 85 bis 90 Prozent in einem Krankenhaus, in der ambulanten Pflege oder in einer Einrichtung für die Langzeitpflege. Etwa 10 bis 15 Prozent werden in sogenannten Skills-Labs unter anderem mithilfe von Puppen trainiert. Manchmal übst du auch mit Schauspielpatienten, wie man jemanden aus dem Bett hebt, Kompressionsstrümpfe anzieht oder ein Beratungsgespräch führt.
Kommunikationstheorien, Sozialrecht und Ethik zählen deshalb ebenfalls zu den Lehrinhalten, denn im Alltag gibt es viele schwierige Situationen. Zum Beispiel, wenn ein Patient ein Bettgitter ablehnt, das ihn vor allem schützen soll. Was also hat Vorrang: sein Schutz oder sein Wille?
Hier sind passende Pflegewissenschaft-Studiengänge und Hochschulen
Wo kann ich Pflegewissenschaft studieren?
Pflegewissenschaft passt zu dir, wenn …
... du auf wissenschaftlicher Grundlage mit pflegebedürftigen Menschen arbeiten und die Pflege weiterentwickeln möchtest. »Pflegewissenschaft ist ein junges Studienfach. Vieles ist noch nicht erforscht. Wir brauchen Leute, die sich einbringen und das Berufsbild mitgestalten«, sagt Lademann. Die Studierenden lernen, eine professionelle Haltung zu Pflegebedürftigen zu entwickeln und auch damit umzugehen, wenn beispielsweise jemand stirbt.
Um herauszufinden, ob du dich für die Arbeit eignest, machst du am besten zuerst ein Praktikum in der Pflege. Oft ist das auch Voraussetzung fürs Studium, teilweise muss man sogar eine Ausbildung vorweisen. Der Beruf ist vielfältig; der Kontakt zu Menschen steht im Vordergrund. Doch Fachpersonal wird an vielen Stellen gebraucht, ob im Management, in der Forschung, in der Wissensvermittlung oder bei der Entwicklung von Hebe-Robotern. Rund drei Viertel aller Studierenden sind Frauen.
Von Professor:innen empfohlene Voraussetzungen und Fähigkeiten
- Interesse / Freude am Umgang mit Menschen
- Interesse an vorbeugender, behandelnder, nachsorgender Tätigkeit mit Menschen mit beeinträchtigter Gesundheit
- Interesse an eigenständiger Tätigkeit im Bereich Pflege / Gesundheit
- Interesse an Forschung und wissenschaftlichem Arbeiten / Grundkenntnisse wissenschaftlichen Arbeitens
- Reflexions- und Kritikfähigkeit / kritisches Denken
- Kommunikationsfähigkeit / Sprachkompetenz / Ausdrucksfähigkeit (inkl. Lese- und Schreibkompetenz / Textverständnis / Freude am Lesen)
- Sozialkompetenz / Empathie / emotionale Intelligenz
- Offenheit / Aufgeschlossenheit / Neugierde / Innovationsfähigkeit
- Assoziations- und Transferfähigkeit / systemisches Denken
- Bereitschaft zum interdisziplinären Lernen mit Studierenden unterschiedlicher Gesundheitsfächer
- selbstständiges, selbstorganisiertes und -diszipliniertes Lernen und Arbeiten / Selbstmanagement / Bereitschaft zum Selbststudium
- Speziell für beruflich erstausbildende Studiengänge: Interesse an einem interdisziplinären Studium in Verbindung von biologischen und sozialen Grundlagen
- speziell für Studiengänge im Bereich Pflegemanagement: Vorerfahrung durch Praktika oder Berufsausbildung
Quelle: Professor(inn)enbefragung im Rahmen des CHE Rankings 2015/16
Gibt es einen NC?
Etwa ein Viertel aller grundständigen Studiengänge hat einen NC; er ist aber meist niedrig.
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