Rechtswissenschaften studieren
Ein Artikel von Antonia Kelloms. Mitarbeit: Oliver Burgard - ZEIT Studienführer
Darum geht es
Dürfen Politiker während einer Pandemie das Demonstrationsrecht einschränken? Sind Uploadfilter für Online-Videos ein Angriff auf die Meinungsfreiheit? Mit aktuellen Fragen wie diesen beschäftigen sich Juristen. Dabei haben sie unterschiedliche Aufgaben: Rechtsanwälte reichen eine Klage ein oder verteidigen Mandanten, Staatsanwälte vertreten die Anklage, Richter fällen Urteile, Ministerialjuristen entwerfen Gesetze, Wirtschaftsjuristen prüfen Verträge und beraten Unternehmen.
Sie alle durchlaufen die gleiche Ausbildung und beschäftigen sich vor allem mit den drei Rechtsgebieten Zivilrecht, Strafrecht und Öffentliches Recht. Hinzu kommen Grundlagen in Rechtsgeschichte und vergleichender Rechtswissenschaft, manchmal auch in Rechtssoziologie. Außerdem wird Verfahrensrecht behandelt, das vor allem regelt, wie ein Gerichtsprozess abläuft. Die Studierenden lösen Beispielfälle, von Erbschaftsstreitigkeiten über Verfassungsbeschwerden bis hin zu Diebstahl, Raub und Mord.
Typische Fragestellungen im Rechtswissenschaft, Jura-Studium
- Wann ist eine Person geschäftsfähig?
- Was unterscheidet Eigentum von Besitz?
- Wann ist eine Kündigung rechtmäßig?
- In welcher Situation hat ein Angeklagter das Recht auf einen Pflichtverteidiger?
- Wann liegt eine sexuelle Belästigung vor?
- Wie ist in der Europäischen Union das Asylrecht geregelt?
- Wo sind Windkraftanlagen zulässig?
- Wann darf die Polizei kontrollieren, ob jemand Drogen konsumiert hat?
So läuft das Studium ab
Am Anfang sind die Inhalte des Studiums vorgegeben. Die Studierenden beschäftigen sich mit den drei Rechtsgebieten Zivilrecht, Strafrecht und Öffentliches Recht und wählen später zusätzlich einen Schwerpunkt wie Europa- oder Völkerrecht, Arbeits-, Familien- oder Erbrecht.
Für die Erste Juristische Prüfung (Staatsexamen und Universitätsprüfung) nach frühestens acht Semestern muss man zudem Fremdsprachenkompetenz und insgesamt drei Monate Praktikum, etwa bei einem Anwalt oder bei Gericht, nachweisen. Nach der Ersten Juristischen Prüfung folgt ein zweijähriges Referendariat, bei dem man die Arbeit im Zivil-, Straf- und Verwaltungsrecht kennenlernt. Dafür gehen die Referendare zum Beispiel an ein Amts- oder Landgericht, zur Staatsanwaltschaft, in eine Anwaltskanzlei und zu einer Behörde wie der Polizei. Eine weitere Station kann man frei wählen, sie kann auch im Ausland sein.
Das Rechtsreferendariat schließt mit der Zweiten Juristischen Staatsprüfung ab. Erst wer beide Prüfungen bestanden hat, ist »Volljurist/in« und kann als selbstständiger Rechtsanwalt, Staatsanwalt, Richter oder im höheren Verwaltungsdienst arbeiten. Wichtig zu wissen: Einige Fakultäten bieten einen juristischen Bachelor an, manche auch Recht und Wirtschaft als Kombinationsfach. Damit kann man aber nicht Richter, Staatsanwältin oder Rechtsanwalt werden. »Für eine Juristenlaufbahn braucht man auf jeden Fall beide Staatsexamen«, sagt Tiziana Chiusi, Professorin an der Universität des Saarlandes und Vorsitzende des Deutschen Juristen-Fakultätentags.