Germanistik studieren
Ein Text von Gabriele Meister. Mitarbeit: Nina Roßmann – ZEIT Studienführer 2022/23
Darum geht es
Germanistinnen und Germanisten setzen sich wissenschaftlich mit der deutschen Sprache und Literatur auseinander. Das Spektrum ist breit: vom mittelalterlichen Nibelungenlied bis zum literarischen Blog, vom Tagebuch bis zum Comic. Zum Studium gehören Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft. Letztere unterteilt sich in Ältere deutsche Literatur und Neuere deutsche Literatur. Wenn man auf Lehramt studiert, kommt noch Fachdidaktik Deutsch hinzu.
In der Literaturwissenschaft beschäftigt man sich unter anderem damit, wie Erzählen funktioniert. Die Sprachwissenschaft, auch Linguistik genannt, erforscht zum Beispiel die Bedeutung von Wörtern (Morphologie) und Sätzen (Syntax) sowie Sprache als Kommunikationsmedium.
Wer weiß, welches Gebiet ihn besonders interessiert, kann sich statt Germanistik auch einen spezialisierten Studiengang wie »Literaturwissenschaft« oder »Literatur, Kultur, Medien« suchen.
»Sprache und Literatur beeinflussen immer auch kulturelle Vorstellungen und damit auch die Identitätsbildung«, sagt Elvira Topalović, Professorin für Germanistische Sprachdidaktik an der Uni Paderborn und Vorsitzende der Gesellschaft für Hochschulgermanistik im Deutschen Germanistenverband. »Das Studium gibt einem die Möglichkeit, sowohl die manipulative Macht als auch die ästhetische Kraft von Sprache zu verstehen.«
Typische Fragestellungen im Germanistik-Studium
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Wie verändert die Digitalisierung die Kulturtechniken Lesen und Schreiben?
Wie können Schülerinnen und Schüler in der Schule ihr Sprachrepertoire erweitern?
Wie unterscheidet sich die Syntax des Mittelhochdeutschen von der Syntax heute?
Welche politische Intention steckt hinter der Dichtung von Walther von der Vogelweide?
Wie unterscheidet sich das Frühwerk von Thomas Mann von seinem Spätwerk?
Warum sind autobiografische Erzählungen, etwa von Julia Franck oder Joachim Meyerhoff, zum Trend der Gegenwartsliteratur geworden?
So läuft das Studium ab
Meist kann man einen sprach- oder einen literatur-wissenschaftlichen Schwerpunkt wählen. In der Literaturwissenschaft geht es zum Beispiel um die Themen und Schreibtechniken verschiedener Autorinnen und Autoren in ihrem jeweiligen historischen Kontext. In der Älteren deutschen Literatur untersucht man geistliche und weltliche Literatur aus dem Mittelalter. Die Neuere deutsche Literatur beginnt im späten 16. Jahrhundert und reicht bis zur »Insta-Story« heute.
Die Sprachwissenschaft befasst sich etwa mit grammatischen Formen und ihren Funktionen sowie mit Dialekten und Soziolekten – damit ist der Sprachgebrauch einer sozialen Gruppe gemeint, etwa Jugendsprache. Sprachmacht und Sprachgewalt spielen ebenfalls eine Rolle. Auch die individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit kann Thema sein oder die kritische Betrachtung neu entstandener Wörter wie »Corona-Leugner«. Digitale Forschungsmethoden spielen eine immer größere Rolle, etwa um mit Algorithmen sprachliche Muster in Textmengen zu analysieren.
Viele Studiengänge beinhalten auch kultur- und medienwissenschaftliche Elemente oder Kurse zu vergleichender Literaturwissenschaft.
Hier sind passende Germanistik-Studiengänge und Hochschulen
Wo kann ich Germanistik studieren?
Germanistik passt zu dir, wenn …
.. du dich für Sprache, Kultur und Identität interessierst. »Wer gern in Romanwelten abtaucht oder sich auf Wattpad mit Menschen aus der ganzen Welt über seine Leseerlebnisse austauscht, hat gute Voraussetzungen«, sagt Elvira Topalović.
Germanistik ist auch für Muttersprachler nicht einfacher als Anglistik oder Romanistik. Es geht darum, Sprache zu analysieren und Sprachtheorien zu verstehen, und das ist anspruchsvoll. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Literatur kann herausfordernd sein, ebenso wie die analytische Herangehensweise der Sprachwissenschaft. Viel Forschungsliteratur ist auf Englisch. »Je mehr Sprachen man beherrscht, desto besser, weil man dadurch auch fremdsprachige Literatur im Original lesen kann«, sagt Elvira Topalović.
Von Professor:innen empfohlene Voraussetzungen und Fähigkeiten
- Interesse an Sprache
- Interesse an Literatur / Lesefreude und -bereitschaft
- Interesse an Geschichte / historische Grundkenntnisse
- Interesse an Forschung und wissenschaftlichem Arbeiten / Grundkenntnisse wissenschaftlichen Arbeitens
- Kommunikationsfähigkeit / Sprachkompetenz / Ausdrucksfähigkeit (inkl. Lese- und Schreibkompetenz und Textverständnis)
- Argumentations- / Diskussionsfähigkeit
- Reflexions- und Kritikfähigkeit / kritisches Denken
- selbstständiges, selbstorganisiertes und -diszipliniertes Lernen und Arbeiten / Selbstmanagement / Bereitschaft zum Selbststudium
- abstraktes / logisches / analytisches Denkvermögen
- gute Deutschkenntnisse
Quelle: Professor(inn)enbefragung im Rahmen des CHE Rankings 2016/17.
Gibt es einen NC?
Einige Unis fordern Sprachnachweise in Englisch oder Latein, teils als Voraussetzung oder bis zum Ende des Bachelors. Nur eine Minderheit hat einen NC, oft liegt er zwischen Zwei und Drei.
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