Wirtschaftspsychologie studieren
Ein Text von Maria Retter. Mitarbeit: Christian Heinrich – ZEIT Studienführer 2022/23
Darum geht es
Warum betrachten Zuschauer einen Werbeclip länger als einen anderen? Warum kauft jemand im Supermarkt eine bestimmte Marke? Welche Folgen haben Leitzinsänderungen auf das Sparverhalten? Welche Anforderung stellt es an Führungskräfte, wenn ihre Angestellten im Homeoffice arbeiten? »In dem Fach geht darum, die psychologischen Mechanismen hinter dem zu verstehen, was täglich in der Wirtschaft geschieht«, sagt Christian Dries, Professor an der Kölner Hochschule Fresenius und Präsident der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie.
Wirtschaftspsychologinnen und -psychologen versuchen aus ihren Erkenntnissen Prinzipien abzuleiten und damit bessere Entscheidungen zu ermöglichen.
Typische Fragestellungen im Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie-Studium
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Was motiviert Menschen zu Leistung?
Wie wirken Kaufempfehlungen im Netz?
Wie findet eine Firma gutes Personal?
Mit welchen Methoden kann man Bewerber ansprechen und auswählen?
Wie misst man den Anteil einzelner Mitarbeiter am Erfolg eines Unternehmens?
Mit welchen Anreizen kann man am besten neue Kunden gewinnen?
Wie werden Entscheidungen in Firmen getroffen, und wie lässt sich das verbessern?
Warum geben Menschen Geld aus?
Wie kann man neue Arbeitsformen wie Homeoffice effizienzsteigernd einsetzen?
Welche psychischen Belastungen gibt es am Arbeitsplatz, wie vermeidet man sie?
Warum investieren manche Menschen in Kryptowährungen, und warum schrecken andere davor zurück?
So läuft das Studium ab
In den ersten drei, vier Semestern geht es um die methodischen Grundlagen aus Wirtschaft und Psychologie. Auf dem Stundenplan stehen Fächer wie Rechnungswesen und Statistik sowie die Grundlagen der Psychologie und der Psychologischen Diagnostik. In der Diagnostik beschreibt man menschliches Verhalten, klassifiziert und misst es: Wie stark fließen zum Beispiel Nutzerbewertungen auf Vergleichsportalen ins Kaufverhalten ein? Welchen Einfluss haben Anzeigen in Magazinen auf die Wahrnehmung bestimmter Automarken?
Im vierten und fünften Semester können die Studierenden meist Schwerpunkte wählen. Die Programme der einzelnen Hochschulen unterscheiden sich stark, am besten informierst du dich darüber schon vor dem Studienbeginn. Häufig angeboten werden Fächer wie Markt- und Werbepsychologie, Medienpsychologie, Organisations-, Entwicklungs- und Arbeitspsychologie, Interkulturelles Management und Personalpsychologie.
Das letzte Semester des Bachelorstudiums ist in der Regel für die Abschlussarbeit reserviert. Viele Studierende schreiben sie in Kooperation mit einem Unternehmen.
Hier sind passende Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie-Studiengänge und Hochschulen
Wo kann ich Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie studieren?
Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie passt zu dir, wenn …
... du dich für menschliches Verhalten und für Wirtschaft interessierst, mit Mathe und Statistik zurechtkommst und abstrakt denken kannst.
Wirtschaftspsychologen müssen Informationen aus verschiedenen Beobachtungen und Quellen in eine messbare, vergleichbare Form bringen: »Man muss sich mit theoretischen Modellen auseinandersetzen und sie in der Praxis anwenden«, sagt Dries.
Im Berufsleben braucht man Organisationstalent und Kommunikationsfähigkeit, um Mitarbeiter zu überzeugen. Wirtschaftspsychologinnen und -psychologen haben oft mit gegensätzlichen Interessen zu tun, zwischen denen sie vermitteln müssen. Selbstbewusstsein, Einfühlungsvermögen und Überzeugungskraft helfen da weiter.
Achtung: Mit einem Studium der Wirtschaftspsychologie kannst du nicht Psychotherapeutin oder Psychotherapeut werden. Dazu musst du ein Studium der Klinischen Psychologie und Klinischen Psychotherapie absolvieren oder ein Medizinstudium mit entsprechendem Facharzt machen.
Von Professor:innen empfohlene Voraussetzungen und Fähigkeiten
- Abstraktes / logisches / analytisches Denkvermögen (75 %)
- Interesse an Forschung und wissenschaftlichem Arbeiten / Grundkenntnisse wissenschaftlichen Arbeitens (64 %)
- Kommunikationsfähigkeit / Sprachkompetenz / Ausdrucksfähigkeit (61 %)
- Reflexions- und Kritikfähigkeit / kritisches Denken (55 %)
- Selbständiges, selbstorganisiertes und diszipliniertes Lernen und Arbeiten / Selbstmanagement / Bereitschaft zum Selbststudium (52 %)
- Assoziations- und Transferfähigkeit / systemisches Denken (46 %)
- Sozialkompetenz / Empathie / emotionale Intelligenz (46 %)
- Lernbereitschaft / Einsatz- und Leistungsbereitschaft (46 %)
- Interesse am Umgang mit Menschen (43 %)
- Offenheit / Aufgeschlossenheit / Neugierde / Innovationsfähigkeit (40 %)
- Englischkenntnisse (37 %)
- Fähigkeit zur Selbstreflexion (35 %)
- Interesse an der Auseinandersetzung mit Theorien (35 %)
- Belastbarkeit / Ausdauer / Durchhaltevermögen (34 %)
Quelle: Professor(inn)enbefragung im Rahmen des CHE Rankings 2020/2021. Prozentangaben in Klammern: Anteil der befragten Professor(inn)en, die die jeweilige Voraussetzung genannt haben.
Gibt es einen NC?
Wirtschaftspsychologie wird meist von HAWs angeboten. Die staatlichen Hochschulen haben häufig einen NC, er liegt oft im Einser-, manchmal auch im Zweierbereich. Private Hochschulen bieten die Mehrzahl der Studiengänge an. Sie haben eigene Aufnahmebedingungen.
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