Politikwissenschaft studieren
Ein Text von Antonia Kelloms. Mitarbeit: Oliver Burgard – ZEIT Studienführer 2022/23
Darum geht es
Warum verfolgen Staaten unterschiedliche Ziele in der Klimapolitik? Wie lässt sich erklären, dass die Taliban in Afghanistan an Stärke gewonnen haben? Mit welchen Theorien kann man den Angriff Russlands auf die Ukraine erklären? Was ist ein hybrider Krieg? Mit solchen Fragen beschäftigt sich die Politikwissenschaft. Sie vergleicht die politischen Systeme verschiedener Länder, untersucht internationale Beziehungen und befasst sich mit politischen Theorien und ihrer Anwendung. »Unser Fach vermittelt fundiertes Wissen, das nötig ist, um politische Prozesse und Zusammenhänge zu durchschauen«, sagt Andrea Gawrich, Professorin für Politikwissenschaft an der Uni Gießen und Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft.
Auch Nachbarfächer werden einbezogen. Zu den wichtigsten gehören Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Jura, Geschichte, Kommunikationswissenschaft und Philosophie. Das Politikstudium erschöpft sich nicht in Theorien – Studierende lernen auch, wie sie Wahlergebnisse oder gesellschaftliche Trends mithilfe qualitativer und quantitativer Methoden analysieren können.
Typische Fragestellungen in diesem Studium
- Wie beeinflussen populistische Bewegungen politische Prozesse? Welche Bedingungen begünstigen dies?
- Wie lässt sich erklären, dass der UN-Sicherheitsrat im Februar 2022 keine Resolution zum Ukraine-Krieg verabschiedete?
- Haben Autokratien wie Belarus, Nordkorea oder Aserbaidschan gemeinsame Merkmale? Wie lassen sich Unterschiede erklären?
- Warum engagieren sich Bürger im politischen Prozess unterschiedlich intensiv?
- Wodurch beeinflusst die Europäische Union unseren Alltag, und wie kam es dazu?
- Warum sind politische Systeme nicht alle gleich anfällig für Korruption?
So läuft das Studium ab
In den ersten Semestern stehen die großen Teildisziplinen des Fachs im Vordergrund: Vergleichende Regierungslehre, Internationale Beziehungen und Politische Theorie. Außerdem lernst du in Methodenkursen, wie man Interviews führt, Umfragen konzipiert, Texte computergestützt analysiert, Fallstudien aufbaut und Statistiken erstellt und auswertet. In den höheren Semestern werden die genannten Themenbereiche vertieft und kleine Forschungsarbeiten durchgeführt – du erstellst zum Beispiel eine Inhaltsanalyse von Koalitionsverträgen oder Pressemitteilungen von NGOs.
Daneben bieten die Universitäten Wahlkurse mit unterschiedlichen Schwerpunkten an. Das können Europa oder Asien sein, Innenpolitik, Friedens- und Konfliktforschung, Politikfeldanalyse oder auch Methodenlehre. Man sollte sich vor Beginn des Studiums über die Bandbreite des Fachs informieren. An den meisten Unis sind Praktika verpflichtend vorgeschrieben. In der Regel absolvierst du sie in den Semesterferien. Erste Berufserfahrungen sammeln kannst du zum Beispiel bei Parteien und Verbänden oder in den Medien. Im Master kannst du dich dann spezialisieren, zum Beispiel auf Internationale Beziehungen, Demokratieforschung oder Politikmanagement.