Politikwissenschaft studieren
Ein Text von Antonia Kelloms – ZEIT Studienführer 2023/24
Darum geht es
Wie unterscheiden sich die Klimaschutzbewegungen „Letzte Generation“ und „Fridays for Future“? Wie reagieren verschiedene Länder auf eine Inflation? Mit welchen Theorien kann man den Angriff Russlands auf die Ukraine erklären? Was ist ein hybrider Krieg?
Mit solchen Fragen beschäftigt sich die Politikwissenschaft. Sie erklärt Machtprozesse in Deutschland, vergleicht die politischen Systeme verschiedener Länder, untersucht internationale Beziehungen und befasst sich mit politischen Theorien und ihrer Anwendung. „Unser Fach vermittelt Wissen, das nötig ist, um politische Herausforderungen zu verstehen“, sagt die Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft, Andrea Gawrich.
Im Politikstudium lernst du, politische Dynamiken und gesellschaftliche Trends zu analysieren. Das geht mithilfe qualitativer Methoden wie Inhaltsanalysen oder der Befragung von Einzelpersonen wie Expertinnen und Entscheidungsträgern sowie mit quantitativen Ansätzen, bei denen größere Datenmengen erhoben und statistisch ausgewertet werden. Auch Nachbarfächer werden in die Lehre einbezogen. Zu den wichtigsten zählen Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Jura, Geschichte, Kommunikationswissenschaft und Philosophie.
Typische Fragestellungen in diesem Studium
- Warum sind politische Systeme unterschiedlich anfällig für Korruption?
- Wodurch beeinflusst die Europäische Union unseren Alltag, und wie kam es dazu?
- Inwiefern stellen populistische Bewegungen eine Gefahr für die repräsentative Demokratie dar?
- Wie kann man Autokratien wie Belarus, Nordkorea oder Aserbaidschan vergleichen?
- Warum und wie engagieren sich Bürger in der Zivilgesellschaft?
- Wie lässt sich erklären, dass es in europäischen Ländern unterschiedliche Einstellungen zur Atomenergie gibt?
- Welchen Einfluss hat Twitter auf die politische Kommunikation?
So läuft das Studium ab
In den ersten Semestern stehen die großen Teildisziplinen des Fachs im Vordergrund: Vergleichende Regierungslehre, Internationale Beziehungen und Politische Theorie werden meist in Vorlesungen und begleitenden Seminaren gelehrt. Ein Standardthema ist auch das politische System in Deutschland. In Methodenkursen lernst du, wie man Forschungsinterviews führt, Umfragen konzipiert, Texte computergestützt analysiert, Fallstudien aufbaut und Statistiken erstellt.
Persönliche politische Ansichten stehen in Lehrveranstaltungen selten im Mittelpunkt. „Es geht nicht um den Austausch von persönlichen Meinungen, sondern um Fachwissen und seine Anwendung“, betont Diana Panke, Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft. Die Kenntnisse, die du erwirbst, nützen dir jedoch auch im politischen Diskurs.
In höheren Semestern vertiefst du Themen und führst kleine Forschungsarbeiten durch, etwa eine Inhaltsanalyse von Parteitagsdebatten oder Narrativen der Klimaschutzbewegung. Daneben gibt es Kurse mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Das kann Europa sein oder Asien, Innenpolitik, Konfliktanalysen oder auch Methodenlehre. Informiere dich vor dem Studium über die jeweiligen Schwerpunkte der Hochschulen.
Meist sind Praktika in den Semesterferien vorgesehen. Erste Berufserfahrungen sammelst du zum Beispiel bei Parteien und Verbänden, NGOs oder in den Medien. Im Master kannst du dich dann spezialisieren, etwa auf Internationale Beziehungen, Demokratieforschung oder Politikmanagement.