Soziologie studieren
Ein Text von Antonia Kelloms. Mitarbeit: Oliver Burgard – ZEIT Studienführer 2022/23
Darum geht es
In wen Menschen sich verlieben, wo sie arbeiten, wie viel sie verdienen, weshalb manche von ihnen zu Querdenkern werden und andere nicht: Das alles beschäftigt die Soziologie. Sie untersucht soziales Handeln – im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz, in der Schule, in sozialen Medien oder auf Datingportalen. Dabei werden unterschiedliche Methoden angewendet. Oft sind dies Umfragen, in denen etwa Gehaltsdaten, Wahlabsichten oder Einstellungen zu Themen erfragt werden. Die Forscher führen auch Interviews, in denen sie Phänomenen wie Altersarmut anhand von Lebensgeschichten nachgehen. Bei sogenannten Panel-Studien werden über Jahre hinweg dieselben Menschen befragt, etwa zu ihrem Einkommen oder ihrer Lebenszufriedenheit.
Zum Studium gehören auch Experimente: Die Studierenden verschicken beispielsweise Bewerbungen für einen Job und verwenden hierbei deutsche, türkische, weibliche oder männliche Absender, um zu untersuchen, ob Name und Geschlecht bei der Zu- oder Absage eine Rolle spielen.
Typische Fragestellungen im Sozialwissenschaft, Soziologie-Studium
- Entsteht Freundschaft vor allem zwischen Menschen derselben sozialen Schicht?
- Welche Formen von Arbeit gibt es, und wie kann man ihren Wert messen?
- Wie haben sich Familienmodelle verändert?
- Warum tragen Menschen im Beruf andere Kleidung als in der Freizeit?
- Wieso gibt es eine Einkommensungleichheit zwischen Männern und Frauen?
- Welche gesellschaftlichen Strukturen befördern den Rechtspopulismus?
- Wie verändert digitale Selbstvermessung mithilfe von Smartphones und Fitnessarmbändern unseren Alltag?
So läuft das Studium ab
In den ersten Semestern geht es um Grundbegriffe wie Gesellschaft, Macht oder soziale Ungleichheit. Manche Unis bieten im ersten Semester ein sogenanntes Propädeutikum an, vermitteln also zunächst fachliche und methodische Grundlagen wie Literaturrecherche und wissenschaftliches Schreiben. Die Studierenden hören Vorlesungen zu Kultursoziologie und Statistik und belegen Seminare etwa zu sozialem Wandel und sozialer Ungleichheit. Sie lernen die Theorien ihres Fachs kennen, etwa die Systemtheorie oder Handlungstheorien, und befassen sich mit Methoden der Gesellschaftsanalyse. An vielen Unis kannst du Schwerpunkte wählen wie Familiensoziologie, Techniksoziologie, Geschlechterstudien oder Gesundheit und Care-Arbeit.
Auch ein Forschungspraktikum gehört meistens dazu: Ein bis zwei Semester lang bearbeiten die Studierenden eine Forschungsfrage, von der Konzeption bis zum Forschungsbericht. Dabei ist viel Eigeninitiative gefragt: »Die Studierenden müssen ihre Forschungsthemen selbst finden und entwickeln«, sagt Paula-Irene Villa Braslavsky, Professorin an der Universität München und Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Aus diesem Projekt ergibt sich häufig das Thema der Bachelorarbeit. Die Studierenden untersuchen zum Beispiel, warum Menschen Carsharing nutzen oder wie das Homeoffice die Arbeitswelt verändert. Wer einen Master anschließen will, kann dies allgemein in Soziologie tun oder aus zahlreichen Spezialsoziologien auswählen, etwa zu Umwelt, Bildung, Migration, Armut oder Arbeit.