Biologie studieren
Ein Text von Daniel Kastner. Mitarbeit: Angelika Dietrich – ZEIT Studienführer 2022/23
Darum geht es
Vom Bakterium bis zum Blauwal, vom Coronavirus bis zum Dunklen Hallimasch-Pilz, der in einem Nationalpark in den USA eine Fläche von neun Quadratkilometern einnimmt und als größter Organismus der Welt gilt:
Biologische Forschung befasst sich mit allem, was lebendig ist. Sie untersucht die Beziehungen der Lebewesen untereinander, ihre Wechselwirkungen mit der Umwelt und ihre Reaktion auf Einflüsse wie etwa den Klimawandel. »Biologie, das ist die Faszination am Leben und an den Gesetzmäßigkeiten des Lebens«, sagt Alois Palmetshofer, Sprecher der Konferenz Biologischer Fachbereiche.
Die Bandbreite des Fachs ist riesig. Die Einwanderung fremder Arten wie der Chinesischen Wollhandkrabbe steht genauso auf dem Programm wie die Arbeit mit der Genschere, mit der sich DNA gezielt schneiden und verändern lässt. Auch auf anderen Fachgebieten werden die Arbeitsgeräte besser und präziser: Mit der »Single-cell Analysis«, der Einzelzellanalyse, kann man beispielsweise ein Organ in seine einzelnen Zellen zerlegen und bekommt so tiefere Einblicke in seine Struktur. Bei der sogenannten Theoretischen Biologie werden mit Methoden aus Mathematik und Statistik Modelle und Theorien entwickelt, um die Struktur lebender Systeme zu beschreiben. Biologen schauen sich aber auch viel von der Natur ab: Sie erforschen zum Beispiel Spinnen und ihre Fäden, um mit diesem Wissen Seile zu entwickeln, die stärker sind als Stahlseile.
Typische Fragestellungen im Biologie-Studium
- Welchen Prinzipien folgt die Evolution?
- Wie ist die Artenvielfalt auf der Erde zu erklären, und wie kann man sie erhalten?
- Wo liegen die Möglichkeiten und Risiken des Genom-Editing für die Pflanzenzucht?
- Wie tauschen Bakterien Informationen aus?
- Wodurch entstehen Zoonosen?
- Wie kann man Impfstoffe entwickeln und an neue Virusvarianten anpassen?
So läuft das Studium ab
Am Anfang beschäftigst du dich mit Grundlagen aus den Fächern Chemie, Physik und Mathematik sowie den klassischen Disziplinen der Biologie: Zoologie, Botanik, Genetik, Evolutionsbiologie, Zell- und Entwicklungsbiologie, Mikrobiologie und Ökologie. Im Labor legst du Zellkulturen an, vervielfältigst Erbmaterial oder färbst Chromosomen ein; in Mikroskopierkursen lernst du, verschiedene Zelltypen voneinander zu unterscheiden, und zeichnest Querschnitte von Blättern und Wurzeln; im zoologischen Grundpraktikum, dem sogenannten Schnippelkurs, schneidest du Würmer und Schnecken auf, um deren Anatomie zu verstehen. Zum Studium gehören außerdem Exkursionen, sei es ins Umland der Uni, in die Alpen oder zum Beispiel nach Helgoland. »Im Labor und auf Exkursionen können Studierende sich mit dem experimentellen Arbeiten vertraut machen«, sagt Palmetshofer. Statistik und Programmierkenntnisse werden zunehmend wichtiger, weil es immer größere Datenmengen gibt. An fast allen Hochschulen stehen daher Grundlagen der Bioinformatik und der Systembiologie auf dem Lehrplan.
Ab dem vierten Semester kann man meist eigene Schwerpunkte wählen, etwa in Neurobiologie oder Biotechnologie. Die Themen variieren von Uni zu Uni. Spätestens bei der Bachelorarbeit arbeiten die Studierenden in wissenschaftlichen Gruppen mit, an der Uni, in anderen Forschungseinrichtungen oder in der Industrie. Viele gehen auch für ein paar Monate ins Ausland.