Chemie studieren
Ein Text von Daniel Kastner – ZEIT Studienführer 2023/24
Darum geht es
Beim Stichwort Chemie denkt man erst mal nicht an Gesellschaftspolitik, aber es gibt einen Bezug, betont der Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Chemiker, Wolfram Koch. „Chemikerinnen und Chemiker tragen immer mehr gesellschaftliche Verantwortung. Zum Beispiel können sie einen Beitrag zum Ausbau der regenerativen Energien leisten.“ So entwickeln sie etwa leichte, widerstandsfähige Materialien für Windräder oder Solarzellen, die transparent sind, sodass man sie auf Fensterscheiben anbringen kann.
Chemie steckt überall in unserem Alltag, auch wenn wir uns dessen nicht immer bewusst sind. Zum Beispiel laufen in Handyakkus, in Waschmaschinen oder beim Backen und Kochen chemische Prozesse ab.
Chemiker untersuchen die Reaktionen zwischen Molekülen in der Natur und vollziehen sie im Labor nach. Mit ihrem Wissen entwickeln sie neue Materialien, etwa dünnflüssigen, aber schnelltrocknenden Beton.
Das sagen Studierende über Chemie
Typische Fragestellungen im Chemie-Studium
- Wie können Batterien schneller laden?
- Wie zerlegt man Kunststoff in die Einzelteile, damit man ihn erneut verwenden kann?
- Warum ist Eis leichter als Wasser?
- Kann man die Eigenschaften von Verbindungen per Computer vorausberechnen?
- Warum funktionieren manche Reaktionen nur mithilfe eines Katalysators?
- Wie findet man heraus, welche Stoffe in Lebensmitteln enthalten sind?
- Warum ist Methan ein stärkeres Klimagas als Kohlenstoffdioxid?
- Wieso ist die Chipstüte innen silberfarben?
So läuft das Studium ab
In den ersten vier Semestern befasst du dich vor allem mit Anorganischer, Organischer, Physikalischer und Analytischer Chemie. Du lernst, welche Eigenschaften die Elemente im Periodensystem haben, wie sie angeordnet sind und wie grundlegende Reaktionen ablaufen. Du beschäftigst dich mit Verbindungen mit und ohne Kohlenstoff, mit Redoxreaktionen und Säure-Base-Gleichgewichten, mit Thermodynamik und Bindungslehre. Mathematik und Physik gehören ebenfalls zum Chemiestudium.
In den Vorlesungen werden häufig Experimente vorgeführt. Bei Laborpraktika lernst du dann selbst, wie man Apparaturen aufbaut, Maße und Volumina bestimmt, Substanzen herstellt und aus welchen Bestandteilen sich Stoffgemische zusammensetzen. Dabei hantierst du mit Reagenzglas, Pipette und Bunsenbrenner, verwendest Farbstoffe und übst den Umgang mit ätzenden oder giftigen Verbindungen.
Die Ergebnisse deiner Untersuchungen hältst du in Protokollen fest. Auch die Auswertung am Computer mit Programmen wie Excel oder Matlab gehört dazu. „Im internationalen Vergleich legen Hochschulen im deutschsprachigen Raum sehr viel Wert auf die experimentelle Ausbildung im Labor“, sagt Guido Kickelbick, Sprecher der Konferenz der Fachbereiche Chemie. „Das macht die Absolventen nicht nur für den deutschen Arbeitsmarkt interessant.“
Ab dem fünften Semester wählt man Schwerpunkte, zum Beispiel Wirkstoffchemie, Nachhaltige Chemie oder Polymerchemie. Oft kannst du schon ein erstes Forschungsprojekt beginnen. Die meisten hängen einen Master an – rund 85 Prozent promovieren.