Bauingenieurwesen studieren
Ein Text von Madlen Ottenschläger. Mitarbeit: Paul Lütge – ZEIT Studienführer 2022/23
Darum geht es
Wenn Autobahnabschnitte oder sogar ganze Flughäfen monatelang nicht weitergebaut werden, liegt das auch daran, dass in Deutschland Bauingenieure fehlen. Die werden überall gebraucht: Sie errichten U-Bahn-Tunnel und Brücken, Offshore-Windparks und Wohnblocks. Auch die Renaturierung eines Flusses kann in ihren Aufgabenbereich fallen. Ob Klimaschutz, Energie- oder Verkehrswende – Bauingenieure spielen eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit.
Sie sorgen dafür, dass Ressourcen effizient genutzt werden wie etwa bei der Trinkwasserversorgung. Und sie kümmern sich darum, dass Konstruktionen langlebig und sicher sind. Das umfasst auch scheinbar Selbstverständliches: Fassaden sollen selbst in dreißig Jahren noch starkem Wind und Extremwetter standhalten, der Brandschutz muss zuverlässig sein und das Entwässerungssystem einer Straße trotz Starkregen funktionieren. Bei all diesen Aufgaben gewinnen intelligente Sensoren an Bedeutung: Sie sollen überwachen, ob eine Brücke instand gesetzt werden muss, oder dokumentieren, aus welchem Material beispielsweise eine Tür besteht, sodass man auch später noch weiß, wie sie sich nach Gebrauch recyceln lässt.
Typische Fragestellungen im Bauingenieurwesen-Studium
- Wie berechnet man die Belastbarkeit eines Bauteils?
- Wie entwickelt man wiederverwendbare Baumaterialien?
- Wie plant man ein Bauprojekt digital?
- Wie erstellt man ein Bodengutachten?
- Wie muss eine Brücke gebaut sein, damit sie lange hält?
- Wie lässt sich Hochwasserschutz realisieren, der auch in 30 Jahren noch funktioniert?
- Wie muss ein Gebäude beschaffen sein, um einem Erdbeben standzuhalten?
So läuft das Studium ab
Das Fach ist vielfältig: Die Studierenden kommen mit Mathe, Physik, Mechanik, Informatik, BWL, Vertragsrecht, Ressourcenwirtschaft, Ökologie und digitalem Bauen in Berührung. Es gibt vier Hauptfelder: Grundlagen, Planung, Bemessung und Baumanagement. Zu den Grundlagen zählen unter anderem Bauphysik und Basics der Statik. In der Planung geht es um Kreativität: Wie muss eine Brücke aussehen, damit sie in die Umgebung passt? Holz-, Stahl-, Mauerwerks- und Betonbau, Wasserwerkbau sowie Geo- und Umwelttechnik sind Themen im Bereich Bemessen, hier führen die Studierenden auch detaillierte statische Berechnungen durch. Im Baumanagement wird ein Bauvorhaben als Prozess betrachtet – von der Planung über die Beschaffung der Rohstoffe bis hin zur effizienten Ausführung.
Studierende sollten bei der Wahl der Hochschule darauf achten, dass es dort möglichst viele Professuren für Bauingenieurwesen gibt, sagt Birger Gigla, Professor an der TH Lübeck und Vorsitzender des Fachbereichstags Bauingenieurwesen und Umweltingenieurwesen. »Am besten zehn oder mehr. So lässt sich die Breite des Fachs gut abdecken.«
Wer später in die Bauleitung will, steht in den letzten Semestern auch mal mit Helm und in Gummistiefeln auf der Baustelle. Häufiger aber konstruieren Studierende Gebäude und Anlagen am Rechner. Meist kann man in den höheren Semestern des Bachelors Schwerpunkte wählen: von Hochbau, Tunnelbau oder Bauprozessmanagement bis hin zu Verkehrsplanung, Geotechnik und Wasserbau.